Blutiges Täubchen mit Lafontaine
Oskar Lafontaine war schon immer ein Genussmensch. Gutes Essen, gute Weine, alles aber immer zu dick aufgetragen, ohne wirkliche Kenntnis vom Genuss. Ich erinnere mich an an einige Essen mit ihm, eines davon in seiner Landesvertretung in Bonn. Er schmückte sich als Ministerpräsident mit einem Sternekoch, der uns mittags blutiges Täubchen als Herzstück eines Vier-Gänge-Menüs servierte.
Lafontaine hatte auch die unangenehme Eigenart, in Restaurants die erste Flasche Rotwein allein deshalb als verkorkt zurückgehen zu lassen, um seine Kennerschaft zu beweisen. Und die Weine suchte er so aus: Bei einem Essen in einem Gourmettempel in Saarbrücken zog er eine kleine Plastikkarte des Wirtschaftsmagazins “Capital” aus der Brieftasche, auf der die angeblich guten Jahrgänge mit vollen Gläsern und die schlechten mit halbvollen oder leeren Gläsern gekennzeichnet waren.
Nur bei einem Essen im Bonner Feinschmeckerlokal “Le Marron” wirkte Lafontaine abwesend und konnte sich gar nicht richtig auf die Speisen und Weine konzentrieren. Das war eine Woche vor dem SPD-Parteitag, auf dem er Rudolf Scharping stürzte – eine angeblich spontane Entscheidung.
